Lamotrigin reduziert wirksam die Symptome einer nicht-dystrophischen Myotonie

2017 war Mexiletin das einzige Medikament zur Behandlung von nicht-dystrophischer Myotonie. Da Mexiletin jedoch teuer ist und Nebenwirkungen aufweist, bestand Bedarf an anderen pharmakologischen Wirkstoffen, die die Myotonie lindern können. Lamotrigin ist ein Natriumkanalblocker, aber im Gegensatz zu Mexiletin ist Lamotrigin verfügbar, kostengünstig und gut verträglich. Andersen et al. untersuchten Lamotrigin als alternative Myotonie-Behandlung.

Lamotrigin reduzierte die Symptome der Myotonie wirksam; die Häufigkeit von Nebenwirkungen war gleichzeitig akzeptabel. Die Wissenschaftler der Universität Kopenhagen und der Universität Aarhus in Dänemark führten zwischen November 2013 und Juli 2015 eine randomisierte Crossover-Studie durch, in die sie erwachsene Patienten aus ganz Dänemark mit genetisch bestätigter Myotonia congenita und Paramyotonia congenita einschlossen. Die Patienten waren ≥ 18 Jahre alt und litten an einer klinisch offensichtlichen Myotonie in Augen-, Hand- oder Beinmuskeln, die das tägliche Leben beeinträchtigte. Patienten mit Kontraindikationen für eine Lamotrigin-Behandlung, die an anderen Behandlungsstudien teilnahmen und Frauen in Schwangerschaft und Stillzeit schlossen die Ärzte von einer Studienteilnahme aus. Vor Beginn der Intervention führten die Experten eine umfangreiche Anamnese durch, entnahmen Blutproben, führten ein Elektrokardiogramm und einen MRC (Medical Research Council Skala) für eine manuelle Muskelkraftmessung durch. Anschließend randomisierten die Forscher die Patienten 1:1 in 2 Gruppen; Gruppe 1 erhielt zunächst Lamotrigin und anschließend Placebo, Gruppe 2 erhielt erst das Placebo und anschließend Lamotrigin. Die Ärzte behandelten die Patienten über 2 Zeiträume von jeweils 8 Wochen; alle 2 Wochen erhöhten die Ärzte die Medikamentendosis von 25 mg über 50 mg und 150 mg auf eine End-Dosis von 300 mg pro Tag. Als primären Endpunkt bewerteten die Forscher nach 0, 6 und 8 Wochen Änderungen in der Myotonic Behaviour Skala (MBS). Die MBS-Skala reicht von 1 (keine Steifheit) bis 6 (behindernde Steifheit vorhanden). Sekundäre Endpunkte waren 4 funktionelle Zeitmessungstests, bei denen die Experten die klinische Myotonie des Augenlids und der Hand sowie der Beinmuskulatur mit einer Stoppuhr erhoben. Die Forscher dokumentierten außerdem, ob unerwünschte Ereignisse auftraten.

An vorliegender Studie nahmen 26 Patienten teil, von denen 22 Patienten die Studie abschlossen. Bereits zum Zeitpunkt der Zwischenanalyse zeigte sich eine signifikante Wirkung von Lamotrigin; die Werte der MBS-Skala verbesserten sich statistisch signifikant. Während die MBS-Werte zu Studienbeginn bei 3,2 lagen, verbesserten sich diese nach der Behandlung mit Lamotrigin um 1,3 Punkte, jedoch nicht nach der Behandlung mit Placebo mit nur 0,2 Punkten. Die standardisierte Effektstärke von Lamotrigin betrug 1,5, die von Mexiletin liegt bei 1,4, was auf eine ähnliche Behandlungswirkung von Mexiletin und Lamotrigin hindeutet. Auch hinsichtlich der sekundären Endpunkte zeigte sich die Wirksamkeit von Lamotrigin: die Effektgröße von Lamotrigin war für die 4 funktionellen Zeitmessungstests im Augenlid, in der Hand- und Beinmuskulatur im Vergleich zum Placebo signifikant und der allgemeine Gesundheitszustand der Patienten verbesserte sich. Insgesamt traten 2 unerwünschte Ereignisse auf, die zu einem Studienausschluss führten; ein Patient unter Lamotrigin erlitt eine allergische Reaktion und ein Patient unter Placebo erlitt ein blutendes bakterielles Ulkus. Die am häufigsten berichteten Nebenwirkungen waren Kopfschmerzen, Müdigkeit und Hautausschlag.

 

Fazit:

Eine Lamotrigin-Therapie reduziert die Myotonie bei Patienten mit nicht-dystrophischer Myotonie wirksam. Gleichzeitig traten keine schwerwiegenden Ereignisse oder unbekannten Nebenwirkungen von Lamotrigin auf, die Häufigkeit von Nebenwirkungen war akzeptabel. Die Resultate legen nahe, dass Lamotrigin eine Alternative zur Mexiletin-Behandlung bei nicht-dystrophischen Myotonieformen sein kann und sollte bei Patienten, die Mexiletin nicht vertragen, in Betracht gezogen werden, so die Experten.

 

Autorin:

Dr. Maddalena Angela Di Lellis, Tübingen