Skelettmuskelkanalopathien sind nach erfolgreicher Diagnose gut behandelbar

Skelettmuskelkanalopathien (SMC) sind eine Gruppe seltener episodischer genetischer Erkrankungen, zu denen periodische Lähmungen und nicht-dystrophische Myotonien gehören. Die Diagnose wird oft durch Symptome erschwert, die für Patienten schwer zu beschreiben sind, jedoch gut auf eine medikamentöse Therapie ansprechen. Matthews et al. beschrieben in einem Review Diagnose- und Therapieansätze bei SMC.

Skelettmuskelkanalopathien umfassen eine Gruppe seltener genetischer neuromuskulärer Erkrankungen, die durch eine Funktionsstörung der für die Erregbarkeit der Muskelmembran entscheidenden Ionenkanäle im Sarkolemm verursacht werden. Sie beeinträchtigen entweder die Kontraktionsfähigkeit der Skelettmuskeln, was zu Muskelschwäche führt, oder ihre Entspannungsfähigkeit, was zu Myotonie führt. Es gibt sehr wirksame symptomatische Behandlungen, die in der Regel die Belastung durch die Erkrankung erfolgreich lindern können. Häufig ist das größte Hindernis für die Verbesserung der Lebensqualität eines Patienten jedoch die fehlende Diagnose. Die Diagnose ist nicht immer einfach, da die Erkrankungen selten sind.

Zu den Kanalopathien der Skelettmuskulatur zählen periodische Lähmungen und nicht-dystrophische Myotonien. Zu den periodischen Lähmungen gehören hypokaliämische periodische Lähmungen (verursacht durch zu niedrige Kaliumkonzentration), hyperkaliämische periodische Lähmungen (zu hohe Kaliumkonzentration) und das Andersen-Tawil-Syndrom, bei dem neben den Skelettmuskeln auch der Herzmuskel und die Knochenentwicklung betroffen ist. Die nicht-dystrophischen Myotonien sind Paramyotonia congenita, Natriumkanal-Myotonie und Myotonia congenita. Diese Formen können jeden Skelettmuskel betreffen, finden sich jedoch häufig in Bein-, Hand- und Gesichtsmuskeln.

SMC-Patienten klagen häufig über Myalgien und Müdigkeit, die oft das Hauptanliegen der Patienten darstellen. Werden Patienten mit periodischen Lähmungen in der Praxis vorstellig, ist die Untersuchung oftmals unauffällig; wenn Patienten jedoch während einer Schwächephase untersucht werden, sind neben einer verminderten Kraft auch die Reflexe vermindert oder fehlen ganz. Patienten mit Andersen-Tawil-Syndrom können dysmorphe Merkmale aufweisen, darunter Kleinwuchs, tiefsitzende Ohren, Mikrognathie, Klinodaktylie und Zahnanomalien. Personen mit Myotonie haben oft eine generalisierte Muskelhypertrophie oder gut definierte Muskeln. Da es sich bei der Erstvorstellung oft um junge Erwachsene handelt, liegt die Vermutung nahe, dass sie so aussehen, weil sie jung und fit sind. Muskelhypertrophie muss immer im Kontext betrachtet werden, so sollten Ärzte gezielt fragen, wie aktiv die Patienten sind und wie oft sie pro Woche tatsächlich ins Fitnessstudio gehen. Die Hauptrolle von Blutuntersuchungen bei der Untersuchung einer SMC besteht darin, andere Diagnosen (z.B. Nierenerkrankungen, Schilddrüsenprobleme, Pompe-Krankheit) auszuschließen. Der aussagekräftigste Test zur Diagnose einer periodischen Lähmung ist ein langer Belastungstest. Dabei wird der Nervus ulnaris stimuliert und Muskelaktionspotenziale vor und nach der Belastung des Muskels aufgezeichnet. Inzwischen sind auch genetische Untersuchungen der für SMC relevanten Gene möglich.

SMC sind derzeit nicht heilbar, aber es gibt symptomatische Behandlungsansätze, die die Morbidität beeinflussen können. Eine aktive Lebensweise wirkt sich positiv aus. Wenn eine medikamentöse Behandlung angezeigt ist, werden entweder kaliumsparende oder -ausscheidende Diuretika gegeben, um den Kaliumspiegel im Serum zu kontrollieren. Die Behandlung der nicht-dystrophischen Myotonie erfolgt mit Natriumkanalblockern. Mexiletin ist am weitesten verbreitet; auch Lamotrigin wird eingesetzt. Andere Optionen sind Ranolazin, Carbamazepin, Flecainid, Propafenon und Phenytoin. Alle Optionen zielen in erster Linie auf die Behandlung von episodischer Schwäche oder Myotonie ab.

Fazit:

SMC sind seltene Erkrankungen und oftmals schwer zu diagnostizieren. Dennoch sind sie sehr gut behandelbar. Die Erstellung einer geeigneten Diagnose und eines Behandlungsplans kann für Ärzte sehr lohnend sein und den Patienten großen Nutzen bringen, so die Experten.

 

Autorin:

Dr. Maddalena Angela Di Lellis, Tübingen