Virale Rhinosinusitis

Hals-Nasen-Ohrenheilkunde

Steckbrief

Die virale Rhinosinusitis ist eine der häufigsten Erkrankungen überhaupt, sie verläuft entweder isoliert oder kann eine bakterielle Entzündung auslösen. Eine Antibiotikabehandlung ist nur bei Komplikationen zu erwägen. Die akute, virale Rhinosinusitis bedarf keiner Operation oder Therapie mit Antibiotika.

Definition

  • Die viralen Rhinosinusitis wird durch Rhino- oder Coronaviren, seltener durch andere Viren ausgelöst und führt zu einer Nasenobstruktion und/oder Nasensekretion mit Druckgefühl.
  • Eine symptomorientierte Behandlung führt in der Regel zu einer Heilung innerhalb von 10 Tagen.

 

Epidemiologie

Häufigkeit

  • Typischerweise bei fast allen Kindern in der kalten Jahreszeit, so tritt die virale Rhinosinusitis auch bei Erwachsenen jährlich mit mehr oder weniger ausgeprägten Symptomen auf.
  • Die Abgrenzung gegenüber der akuten bakteriellen Rhinosinusitis ist in der Praxis nicht immer gewährleistet.

Altersgipfel

  • Die Altersgipfel sind im 2.–4. Lebensjahr und zusätzlich zwischen dem 30. und 60. Lebensjahr (sehr flacher Gipfel) zu finden.
  • Ältere Menschen >70 Jahre sind seltener von einem Schnupfen betroffen.

Geschlechtsverteilung

  • Die virale Rhinitis oder der Schnupfen wird gleichermaßen und unabhängig vom Geschlecht beobachtet.

Prädisponierende Faktoren

  • Die Kombination einer besonderen Belastung und längerdauernden Unterkühlung kann für eine virale Rhinosinusitis prädisponieren, hinzu kommt die Tröpfchenkontamination und Ansteckung durch eine bereits infizierte Person.

 

Ätiologie und Pathogenese

  • Es ist eine Reihe von auslösenden Viren bekannt, wenn auch etwa 25% aller Erkrankungen mit unbekannten Viren verknüpft sind (Tab. 33.7).

 

Tab. 33.7 Erreger der viralen Rhinosinusitis.

Virus Antigentypen Häufigkeit des Auftretens (%)
Rhinoviren 100 30–40
Coronaviren >3 >10
Parainfluenzaviren 4 jährlich schwankend
Respiratory-Syncytial-Viren 2 jährlich schwankend
Influenzaviren 3 10–15
Adenoviren 47 5
Coxsacki-Viren/Echoviren 30–34 jährlich schwankend
andere Viren (Röteln-, Masern-, Varizellenviren) 5
unbekannte Viren ? 25–30

Klassifikation und Risikostratifizierung

  • Die unkomplizierte virale Rhinosinusitis klingt nach 8–10 Tagen ab und heilt aus.
  • Sie kann sich allerdings zu einer bakteriellen Rhinosinusitis weiterentwickeln. Die bakterielle Rhinosinusitis wird in eine akute und eine chronische Verlaufsform eingeteilt.

 

Symptomatik

  • Die Inkubationszeit liegt bei 1–3 Tagen und erste Symptome können sich durch Niesreiz und kalte Füße ankündigen.
  • Es kommen dann die wässrige Rhinorrhö und eine akute Obstruktion der Nasenhaupthöhle durch Rubor und Ödem der Schleimhäute hinzu.
  • Als Begleitsymptome können Kopfschmerzen auftreten. Cepahalgien und Gliederschmerzen hingegen würden auf eine Influenza hindeuten.
  • Typischerweise sollte eine virale Rhinosinusitis nach etwa 1 Woche abgeklungen sein, und die Symptome sind spätestens nach 10 Tagen verschwunden.
  • Kommt es im weiteren Verlauf zu einer Zunahme der Symptome, sind mindestens zwei der folgenden Zeichen hinweisend auf eine bakterielle Rhinosinusitis:
    • eitrige Rhinorrhö
    • zunehmende Gesichtsschmerzen
    • Fieber über 38°C
    • eine erhöhte ESR (Erythrozytensedimentationsrate)/CRP (C-reaktives Protein)
  • Die Unterscheidung einer viralen von einer bakteriellen Rhinosinusitis ist nicht sicher möglich allein durch den zeitlichen Verlauf und das Auftreten einer wässrigen bzw. purulenten Rhinorrhö [1].
  • Eine Begleitkonjunktivitis deutet auf Adeno- oder Enteroviren hin.
  • Auch nach dem Abklingen der Symptome sind die Viren weiterhin bis zu 3 Wochen nachweisbar.

 

Diagnostik

Diagnostisches Vorgehen

  • Das diagnostische Vorgehen ist im Wesentlichen auf eine Anamnese gestützt und wird oft, wenn überhaupt, von Hausärzten übernommen.

 

Anamnese

  • In der Anamnese sind die Hinweise auf Nasenobstruktion, Niesreiz und wässrige Rhinorrhö besonders zu beachten.

 

Körperliche Untersuchung

  • Oropharynxbefund
  • Palpation des Halses
  • Zur Abgrenzung einer bakteriellen Rhinosinusitis sollte die Kerntemperatur mindestens einmal gemessen werden.

 

Labor

  • Sollten die Symptome für eine bakterielle Genese sprechen, können besonders bei erhöhter Temperatur auch die CRP-Bestimmung die Therapiewahl beeinflussen.
  • Bei klinisch eindeutigem Bild sind keine speziellen Untersuchungen notwendig.

 

Mikrobiologie und Virologie

  • Die meisten viralen Rhinosinusitiden werden durch Rhinoviren und Coronaviren ausgelöst.
  • Die Rhinosinusitis kann auch Symptom einer Influenza sein, welche durch ein schwerwiegenderes Krankheitsbild geprägt ist.

 

Differenzialdiagnosen

Mögliche Differenzialdiagnosen sind in Tab. 33.8 aufgeführt.

Tab. 33.8 Differenzialdiagnosen der viralen Rhinosinusitis.

Differenzialdiagnose Bemerkungen
bakterielle Rhinosinusitis längerer Verlauf, kann sich im Verlaufe einer viralen Rhinosinusitis bilden
allergische Rhinitis durch Allergene ausgelöst und IgE-vermittelt
akute Exazerbation einer chronischen Rhinosinusitis lang dauernde Nebenhöhlenbeschwerden
Influenza potenziell schwerwiegendere Erkrankung mit Temperaturerhöhung
Pharyngitis Eine Pharyngitis kann bei gleichzeitigem Vorliegen von adenoiden Vegetationen dem Bild einer viralen Rhinosinusitis ähneln.

Therapie

Therapeutisches Vorgehen

  • Ein Schmalspektrum-Antibiotikum ist indiziert bei drohenden Komplikationen einer bakteriellen Rhinosinusitis oder bei Patienten mit Immundefizienz oder Immunsuppression.
  • Die virale Rhinosinusitis wird mit Wärme und Phytotherapeutika behandelt, eventuell auch für die Dauer von maximal 8 Tagen mit Xylometazolin 0,1% 2-mal täglich bei entsprechender Nasenobstruktion [1].

 

Verlauf und Prognose

  • Eine behandelte virale Rhinosinusitis ist bei einem immunkompetenten Patienten nach 1 Woche in den meisten Fällen auf dem Wege der Besserung, die Symptome spätestens nach 10 Tagen nicht mehr vorhanden.

 

Prävention

  • Hierzu gehören Maßnahmen, die das Immunsystem stützen wie regelmäßige Bewegung, Ernährung, Schlafhygiene usw.

 

Besonderheiten bei Kindern

  • Bei Kindern mit erhöhter Infektanfälligkeit ist immer an die Möglichkeit von Adenoiden zu denken.

 

Synonyme

  • Schnupfen
  • Akute Rhinitis
  • Akute Rhinosinusitis

 

Keywords

  • Akute Rhinosinusitis
  • Rhinoviren
  • Adenoviren
  • Influenzaviren

 

Quellenangaben

[1] van den Broeck MF, Gudden C, Kluijfhout WP et al. No evidence for distinguishing bacterial from viral acute rhinosinusitis using symptom duration and purulent rhinorrhea: a systematic review of the evidence base. Otolaryngol Head Neck Surg 2014; 150: 533–537

Suche in: PubMed Google Scholar

[2] Dippold N, Klimek L. Leitliniengerechte Therapie von Schnupfen und Sinusitis. MMW Fortschr Med 2017; 159: 37–43

Suche in: PubMed Google Scholar

Literatur zur weiteren Vertiefung

Fokkens WJ, Lund VJ, Mullol J et al. European position paper on rhinosinusitis and nasal polyps 2012. Rhinology Suppl 2012; 23: 31–298

Herausgeber*innen, Autor*innen

Herausgeber*innen: Orlando Guntinas-Lichius, Jens Peter Klußmann, Stephan H. Lang
Autor*innen: Gregor Bachmann-Harildstad

Letzte Änderung: 06.12.2023

eRef-Link: https://eref.thieme.de/referenz/referenz_1557